Pädagogik

Die Problematik des Zuganges zum Umweltverständnis

Die berufliche Ausbildung und Fortbildung geht immer intensiver auf den Umweltbereich ein, auch im täglichen Leben treten umweltrelevante Fragen immer stärker in den Vordergrund. Dabei lassen sich zwei unterschiedliche Wege erkennen, wie der Umweltaspekt in den Brennpunkt menschlichen Handelns rückt und so zum Lerngegenstand wird: Umwelt als neuer Schwerpunkt in einem einschlägigen Beruf und Umwelt als Ausgangspunkt für eine eigenständige Allgemeinbildung.

In höchstem Maße interessant sind die  Versuche, Umweltaspekte in die berufliche Ausbildung zu integrieren, vor allem im naturwissenschaftlichen Bereich. Das klassische Beispiel für diese Schwerpunktsetzung ist die Ausbildung zum/zur chemisch-technischen  Assistenten/Assistentin (CTA) - Schwerpunkt Umwelt. Zahlreiche Ausbildungsstätten vom Norden bis zum Süden der alten Bundesrepublik bieten inzwischen diese Spezialisierung an.

Der Gedanke einer fächerübergreifenden Umwelterziehung in allgemeinbildenden Schulen fasst nur sehr zögernd Fuß. Das mag zum einen an der Trägheit des Schulsystems liegen, zum andern sicherlich in der dafür ungeeigneten Ausbildung der Lehrer. Die wirtschaftliche Notwendigkeit und tägliche Schreckensmeldungen in den Medien, haben zum Handel der zuständigen Ministerien geführt.

Der Ruf nach Umwelterziehung in den  allgemeinbildenden Schulen wird in Anbetracht der sich häufenden Umweltkatastrophen, der zunehmenden Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, Krebs und Allergien immer deutlicher. Bereits in den ausgehenden 60er  Jahren wurde von Wissenschaftlern und einigen Pädagogen die Wichtigkeit des Umweltschutzes und die Weckung eines gesteigerten Umweltbewusstseins zum Ausdruck gebracht. Heute noch ist man sich uneins über die Frage  wie Umwelterziehung unterrichtet werden soll. Es geht letztlich um die Frage, wie die Umwelt zu sichern sei, ob bei den Lehrenden und Lernenden vorauszusetzen ist, dass sie grundlegende Kenntnisse über ihre Umwelt haben, also, was man unter Umwelt zu verstehen hat, wie diese aufgebaut ist, wie bestimmte Abläufe in ihr funktionieren, wie Umweltprozesse und die in ihnen wirksamen Stoffe entstehen und wirken. Oder ob es für den umwelterzieherischen Unterricht an allgemeinbildenden Schulen ausreicht, genormte Verhaltensregeln über die Benutzung der Umwelt weiterzugeben und einzuüben, wie es besonders von Pädagogen der Grund- und Hauptschulen vorgeschlagen wird. Nach ihren Vorstellungen soll das Spektrum schulischer Aktivitäten von Maßnahmen zur Müllvermeidung, Energieeinsparung und umweltgerechten Müllentsorgung bis hin zum sparsamen Einsatz von Chemikalien und zur Begrünung schulischer Anlagen abdecken. Dabei soll das zentrale Anliegen der schulischen Umwelterziehung, die Verdeutlichung der persönlichen Pflicht sein, das individuelle Verhalten auf einen schonenden und sparsamen Umgang mit den natürlichen Ressourcen auszurichten. Über diese im methodischen Ansatz kontroversen Ansichten über eine schulische Umwelterziehung hinaus, entwirft jede Fachdisziplin in den aufgezeigten Grundrastern ihre eigene Begriffsbestimmung der Umwelt.

Definieren wir die Umwelt als: die gesamte Umgebung eines Individuums, die von biotischen, abiotischen und anthropogenen Faktoren bestimmt ist, zu denen das Individuum in direkten und indirekten Wechselbeziehungen steht. Diese äußerst komplexe Umwelt umgibt uns Menschen in dreifacher Hinsicht:

Einmal umgibt sie uns als natürliche Umwelt, im Sinne von naturbedingt, zwar von den Menschen beeinflusst, aber nicht von den Menschen gemacht, sie wird von ihnen gestaltet und genutzt. Zu dieser Umwelt zählen die Landschaftsräume in ihrer  Naturausstattung mit den Umweltkomponenten.

Erklärungen am Objekt (Lößwand, Hohlweg im Kraichgau)

Umwelt umgibt uns ferner als gebaute Umwelt, als das von den Menschen  Erschaffene. Hierzu gehören die Siedlungen, die Bauwerke, die Wohnungen, die Verkehrswege, die Wasserwege, die Maschinen, die Gebrauchsgegenstände usw.

Schließlich ist die Umwelt auch die mitmenschliche und soziale Umwelt. Hierher gehören die Rassen, die Völker, die Stämme, die Sippen, die Familien und die politischen, konfessionellen, kulturellen und sozialen Gruppen.

Wie man sieht, ist die menschliche Umwelt ein vielschichtiges Wirkungs- und Beziehungsgefüge in denen die  natürlichen, künstlichen und sozialen Faktoren mit den Menschen in Wechselwirkung treten. Die Menschen nutzen seit ihrem Auftreten das Naturpotential als Lebensgrundlage, als Energie- und Rohstofflieferant  sowie zur Entsorgung ihrer Abfälle.

Kategorien der Umwelterziehung

Ohne Zweifel gehören zur Umwelterziehung die Vermittlung von:

Einsichten in die Zusammenhänge natürlicher, ökonomischer und gesellschaftlicher Einflüsse,
Wissen über die Abläufe in den Systemen sowie deren Vernetzung,

Kenntnisse über bestehende und mögliche Gefährdungspotentiale. Mit den erlernten Mitteln soll der  Interessierte in die Lage versetzt werden selbständig Umweltprobleme zu erkennen, sie sachgerecht zu analysieren und mögliche negative Auswirkungen zu vermeiden. Im Lernprozess sollte vermittelt werden, dass die Menschen sowohl Verursacher als auch Betroffene von jeder Umweltveränderung sind. Jede von den Menschen verursachte Umweltbelastung wirkt auf sie zurück. Die Minimierung der negativen  Rückwirkungen steht daher im eigenen Interesse der Menschen. Für eine Umwelterziehung, die diesem Interesse dient können folgende Kategorien umweltbezogener Lernziele formuliert werden:

Kenntnisse

Den Lernenden sollte eine breitgefächerte Umwelterfahrung, ein solides Umweltwissen und das  Grundverständnis für die Probleme des Umweltschutzes vermittelt werden;

Bewusstsein
Im Lernvorgang sollte ein Weg gefunden werden, der es den Betroffenen leichter macht Umweltbewusstsein zu entwickeln.

Einstellungen
Alle sollten motiviert werden, umweltbezogene Wertvorstellungen und Verantwortungsgefühl zu  entwickeln um sich aktiv am Schutz und an der Verbesserung der Umwelt zu beteiligen.

Fertigkeiten
Die Bildungseinrichtung sollte dazu beitragen, dass Interessierte die für das Erkennen und Lösen von Umweltproblemen benötigten Fähigkeiten und praktischen Fertigkeiten erwerben.

Mitwirkung
Allen  Engagierten soll die Möglichkeit geboten werden aktiv an der Arbeit zur Lösung von  Umweltproblemen teilzunehmen.

Die Komponenten der Umwelterziehung

Auf diese Kategorien aufbauend sollten bei der Behandlung umweltrelevanter Themen alle Lernzielebenen  vertreten sein:

die emotionale Phase
die objektiv kognitive Phase
die subjektiv affektive Phase
die Handlungsphase.

Das Umwelterlebnis als emotionale Erfahrung ist ein wichtiger Zugang zur Thematik. In einer Zeit massiver, häufig oberflächlicher Eindrücke kommt dem genauen Betrachten, dem Entdecken von Details, dem bewussten Sehen, Hören, Tasten und Schmecken wieder eine gewichtige Stellung zu. Umwelt  darf nicht nur negativ in Form von Umweltkatastrophen, sondern muss vor allem auch positiv als Faszination Umwelt erlebt werden. Dies bedeutet nicht, die Umweltprobleme zu verdrängen oder zu beschönigen. Der alleinige Zugang zur Umweltthematik über Probleme, Gefährdungen und Zerstörungen könnte den Lernenden positive Zukunftsperspektiven nehmen und die  No-future-Mentalität provozieren. Es ist zu befürchten, dass dadurch der Erwerb von Handlungskompetenz blockiert wird. Die Faszination, die sich bei der Beschäftigung mit der  naturnahen Umwelt erschließt, stellt ein emotionales Potential dar, das zur Akzeptanz von umweltgerechtem Verhalten notwendig ist. Denn es werden nur Dinge und Werte vermisst, die man kennt und schätzt.

Der emotionalen Phase folgt im Sinne einer präzisen Umwelterkundung das Analysieren, Darstellen und  Verarbeiten des erkannten Problems. Mit beobachtenden und messenden Methoden müssen Daten je nach Fragestellung erhoben werden. Die Auswahl der Untersuchungsverfahren muss an den jeweiligen Wissenstand und Erfahrungsschatz angepasst erfolgen. Bei der Erfassung von Umweltdaten ist auf die notwendige Genauigkeit in bezug auf die Fragestellung sowie auf eine möglichst geringe Umweltbelastung durch das Bestimmungsverfahren zu achten.

Neben den  durch Messverfahren ermittelten Daten, sind Kenntnisse sozioökonomischer Fakten Grundvoraussetzungen zur Beantwortung von Fragen, die die Umweltbelastung betreffen. Die Eingriffe der wirtschaftenden Menschen haben zur Veränderung der natürlichen Umwelt geführt, und Entscheidungen in Politik und Wirtschaft sind für die weitere Gestaltung der Umwelt von grundlegender Bedeutung, daher ist der fächerübergreifende Ansatz eine zwingende Notwendigkeit in der Erziehung zu umweltgerechtem Verhalten.

Die sich nun anschließende subjektive affektive Phase sollte nicht nur durch Emotionen und Agitation geprägt sein, sondern auch von Verstand und Logik. Das Verstehen der Grundlagen und Prinzipien der Umweltnutzung und des Menschenschutzes durch Erhalt gewisser natürlicher Lebensgrundlagen versetzt den aufgeklärten Menschen in die Lage seine ökologische Handlungskompetenz neuen Erkenntnissen anzupassen, um umweltgerechter zu agieren, und neu auftretende Fragen zu beantworten.

Die abschließende Handlungsphase sollte über die Lernphase hinausreichen. Aufgrund des erlernten Umweltbewusstseins entstehen problemorientierte Einstellungen, die zur Entwicklung von positiven Verhaltensnormen führen. Umwelterziehung versucht, das Verständnis für ein verantwortungsvolles Umgehen mit den noch vorhandenen natürlichen Gütern zu wecken.

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